Ein Rundgang durch das Gebäude
Mit der Außenansicht unseres Gebäudes, wie es sich zur Straße hin zeigt, haben Sie ja schon Bekanntschaft gemacht. Inmitten grüner Wipfel zeigt sich die Frontseite des Altbaus.
Bis auf den Pflanzenwuchs wird es so auch schon bei der Einweihung am 1. Januar 1917 ausgesehen haben, die sich „dem Ernst der Zeit entsprechend … in der einfachsten Form“ zugetragen hat, wie es in einem entsprechenden Bericht in der „Rheinberger Zeitung“ vom 2. Januar 1917 heisst.
Diesem Bericht liegt eine Festschrift des Königlichen Baurats Reimer zugrunde. Sie werden noch manchen Zitaten aus diesem Zeitungsbericht begegnen.
An die Einweihung des Neubaus direkt hinter dem schmuckvollen Altbau erinnert unter anderem eine Tafel im Eingangsbereich, die von der Anwaltschaft aus diesem Anlass gestiftet wurde:
"Eines Mannes Rede ist keine Rede
Man soll Sie hören beede."
Die Tafel ziert noch heute den Eingangsbereich des Amtsgerichts und bennent den Grundsatz eines jeden Gerichtsprozesses; das Anhören beider Seiten, bevor ein Urteil gefällt werden kann.
Zurück zum Ortsbericht der Rheinberger Zeitung von 1917:
„Lenkt man seine Schritte hinauf zum ersten Obergeschoß, so hat man unmittelbar vor sich die Haupttür des Schöffensaales.“ So ist es noch heute, jedoch mit dem Unterschied, dass der Saal nicht mehr dem ursprünglichen Zweck dient; Rheinberg hat kein eigenes Schöffengericht mehr.
Geblieben sind die Holzvertäfelung und „der große Kronleuchter in der Mitte des Saales“, der „aus Eisen hergestellt“ ist. Man fand ihn anlässlich des Um- und Neubaus auf dem Dachboden und fasste den Entschluss, ihm wieder seinen angestammten Platz einzuräumen.
Wohin das „vom Kommerzienrat Underberg gestiftete Kaiserbild“ gekommen ist, „das seinen Platz über der zum Beratungszimmer führenden Tür“ hatte und „sich der Tür in einheitlicher Weise“ anpasste, lässt sich nicht mehr klären...
Sollte Rheinberg je wieder Sitz eines Schöffengerichts werden, ist vorgesorgt. Beim Umbau haben die Planer an alles gedacht und einen Raum geschaffen, der sich für Sitzungen eines Kollegialgerichts eignet, den „neuen“ Schöffensaal eben. Hier wie damals gibt es direkten Zugang „zu einer Zelle, welche bei Gerichtssitzungen dem Angeklagten zu vorübergehendem Aufenthalt dient.“
Heute wird der Schöffensaal nur wenig benutzt.
Beliebter ist der freundlich eingerichtete Familiensaal, der sich - entgegen des modern wirkenden Aussehens - auch im Altbau befindet.
Wendet man sich vom „alten“ Schöffensaal zum Neubau, stößt auf ein Stück aus der Vergangenheit des Amtsgerichtsbezirks, eine Truhe, in der früher Testamente sicher verwahrt wurden. Heute bedarf es hierfür eines großen Tresors.
Es wird Sie kaum wundern, wenn wir Ihnen aus unserem Neubau keine Bilder mehr zeigen können.
Es handelt sich, wie sollte es auch anders sein, um einen reinen Zweckbau, der sich wenig von anderen seiner Art unterscheidet.
Hier gilt, wie schon 1916: „Wenn auch bei der Errichtung des Gebäudes die Sparsamkeit nirgends außer acht gelassen worden ist, so haben darunter doch die Anforderungen der Zweckmäßigkeit und Gediegenheit nicht gelitten.“ Letzteres kann mit Fug und Recht bezweifelt werden, denn nach wie vor ist „die Ausbildung der einzelnen Räume außerordentlich schlicht“.
In einem unterscheiden sich die Zeiten aber doch: Für 193 700 Mark (einschließlich des jetzt als Aktenarchivs dienenden Gefängnisses!) zuzüglich der Inneneinrichtung für 20 500 Mark war der Neubau nicht zu haben.
Wir hoffen, dass Ihnen der kleine Rundgang durch unser Haus gefallen hat.